Bewusste Hörakustik – Die meisten Rennen verliert man am Start

Kennen Sie das? Sie sitzen in Ihrer Funktion als Hörakustiker*in einem Kunden oder einer Kundin während der Erstberatung im Anpassraum gegenüber. Er oder sie sagt: „Ich höre eigentlich noch ganz gut, aber die anderen nuscheln. Meine Frau / Mein Mann hat mich geschickt.“ Sofort wissen Sie, was jetzt zu tun ist: Möglichst bald Kopfhörer auf, Hörtest durchführen und dann dem Kunden oder der Kundin erklären, dass er oder sie (wahrscheinlich) einen Hörverlust hat und damit das Problem ursächlich bei ihm oder ihr liegt.

In der Regel haben Sie zu diesem Zeitpunkt noch keine Legitimation des Kunden oder der Kundin, einen Hörtest durchzuführen oder gar eine Beratung zu beginnen. Denn Sie wissen noch nicht, was ihn oder sie zu Ihnen führt und welche Erwartungen er oder sie mitbringt. Stattdessen sagt er oder sie Ihnen: „Also, Sie verstehe ich sehr gut! Wenn alle so sprechen würden wie Sie, hätte ich keine Probleme.“

Die 2 Grundvoraussetzungen für die bewusste Hörakustik

Kunden und Kundinnen mit leichten Hörminderungen machen im Alltag oft dieselbe Erfahrung wie im Gespräch mit ihrem Akustiker oder ihrer Akustikerin: „In Ruhe geht´s gut.“ Solche Erfahrungen lassen den Eindruck erwecken, dass die Umstände oder die Gesprächspartner*innen verantwortlich sind, weil fast ausschließlich in lauter Umgebung und in Gesellschaft Verstehprobleme wahrgenommen werden, wenn überhaupt.

Deshalb empfehlen wir für eine bewusste Hörakustik als allererste audiometrische Messung innerhalb der Erstberatung eine Sprachmessung im Störgeräusch, damit der Kunde oder die Kundin die Chance bekommt, selbst zu erleben, dass er oder sie offensichtlich ein Hör-Problem mit sich führt. Also, weniger überzeugen – dafür mehr Einsicht erzeugen.

Um Kund*innen mit Leichtigkeit zu einer individuellen Hörlösung führen zu können, bedarf es zweier Grundvoraussetzungen, die ein Kunde oder eine Kundin mitbringen sollte:

  1. Den Willen, die eigene Hörsituation zu verändern.
  2. Das Vertrauen in den Hörakustiker oder die Hörakustikerin.
Bewusste Hörakustik - Die meisten Rennen verliert man am Start (Grafik: Infodesign Claudia Zech, Foto: seb_ra/istock)

Wollen und Vertrauen – Wer ist für was verantwortlich?

Seinem Hörakustiker oder seiner Hörakustikerin vertrauen zu können, ist erstmal nicht die Aufgabe des Kunden oder der Kundin. Das Wollen hingegen, das muss er oder sie selbst mitbringen.

Nur, was will der Kunde oder die Kundin eigentlich? Nehmen Sie im genannten Beispiel sein oder ihr widersprüchliches Verhalten wahr, dass er oder sie zwar bei Ihnen sitzt, gleichzeitig jedoch den Eindruck vermittelt, lieber woanders sein zu wollen?

Jetzt hilft es, mutig zu sein und nicht gleich nach dem Kopfhörer zu greifen! Finden Sie stattdessen die Motivation des Kunden oder der Kundin heraus, die ihn oder sie zu Ihnen führt. Diese lässt sich nicht so einfach messen, wie eine Hörschwelle, lässt sich jedoch im Rahmen einer bewussten Hörakustik über Fragen herausfinden.

Motivation ist die innere Bereitschaft, eine bestimmte Handlung oder Entscheidung auszuführen. Eine Art innerer Antrieb. Ohne Motivation kommen wir nicht ins Handeln. Dabei ist jede Motivation an ein Bedürfnis geknüpft. Immer dann, wenn ein Bedürfnis in uns erfüllt werden will, kommen Gefühle zum Vorschein. Unser Ziel ist es dann, einen Zustand zu erreichen, der dieses Bedürfnis stillt. Und das daraus resultierende Verhalten ist der Weg zum Ziel (s. Abb. 1).

Leider wird im Alltag diese unbewusste Motivationskette gerne durcheinander gebracht. Zum Beispiel das Gefühl „Hunger“. Was ist Ihr Ziel, wenn Sie Hunger haben? Nein, nicht „essen“, sondern „Sättigung“. Sie möchten wieder satt sein, denn Hunger ist unangenehm. Das zielführende Verhalten dazu ist demzufolge „essen“. Und je größer Ihr Hungergefühl ist, desto motivierter sind Sie, sich etwas zum Essen zu besorgen. Oder?

In der bewussten Hörakustik machen wir uns das zunutze, denn der Mensch handelt im Wesentlichen aus zwei Motiven: Entweder will er Freude erleben oder Schmerz vermeiden. Sie wissen aus Erfahrung, dass Schmerz vermeiden der viel stärkere Hebel ist. Denn Menschen hassen Schmerz.

Motivation ist also ein Gefühl, das Energie freigibt, die zur Verfügung steht, um ein Ziel zu erreichen. Das Ziel ist die Vorstellung daran, wie es idealerweise sein sollte und setzt die Handlung in Gang. Und das jeweilige Verhalten entsteht als Ergebnis aus beidem.

Daraus kann abgeleitet werden: Es gibt kein Verhalten ohne Ziel. Wenn sich also Kund*innen, Mitarbeiter*innen oder andere Mitmenschen offenbar ungünstig verhalten, dann hat es wenig Sinn, sich über deren Verhalten aufzuregen oder es zu bewerten. Es lohnt sich vielmehr zu hinterfragen, welche Motivation, also welches Gefühl die Person antreibt und welches Ziel sie durch ihr Verhalten erreichen will.

Die Motivationskette am Beispiel „Erstberatung“

Betrachten Sie einmal vor diesem Hintergrund den Beginn einer Erstberatung: Der Kunde oder die Kundin sitzt bei Ihnen und Sie kennen diesen Menschen nicht. Sie haben keine Ahnung, was er oder sie will. Was Sie höchstens haben, sind unbewusste Vorstellungen darüber, was er oder sie vielleicht wollen könnte, weil Sie solch ähnliche Situationen schon oft erlebt haben. Und diese „Vor-Stellungen“ stellen Sie sich wortwörtlich vor den Kunden oder die Kundin und vergleichen nun unbewusst das Verhalten Ihres Kunden oder Ihrer Kundin mit Ihrer Erwartungs-Schablone.

Wenn der Kunde oder die Kundin sich dann nicht so verhält, wie Sie es sich vorstellen, dann sind Sie vermutlich enttäuscht. Das heißt, Ihr Kunde oder Ihre Kundin nimmt Ihnen Ihre eigene Täuschung. Denn, wenn z.B. eine Ent-Bindung das Ende einer Bindung darstellt, dann ist eine Ent-Täuschung das Ende einer Täuschung. Enttäuschungen können genauso bei Kund*innen auftreten, wenn deren Erwartungen nicht erfüllt werden. Im Grunde sollten Sie für jede Enttäuschung dankbar sein, da Sie danach den klaren Blick auf die Lage haben.

Etwas anderes wäre es hingegen, wenn jemand eine gemeinsam getroffene Vereinbarung nicht einhält und damit gegen Spielregeln verstößt. Damit das während der Hörgeräteversorgung möglichst nicht passiert und somit keine Enttäuschungen auftreten, sollten Sie im Rahmen der bewussten Hörakustik im Erstgespräch die Erwartungen des Kunden oder der Kundin detailliert ermitteln, die eigenen Erwartungen verständlich vermitteln und dann Vereinbarungen treffen, die für beide Seiten zielführend sind.

Eins ist klar: Wenn sich ein Kunde oder eine Kundin zu Ihnen ins Fachgeschäft bewegt, dann muss er oder sie einen „Beweg-Grund“ haben, sonst wäre er oder sie an der Eingangstür vorbei gegangen. Vielleicht fühlt er oder sie sich durch das ständige Genörgel seiner oder ihrer Mitmenschen genervt, weil er oder sie angeblich den Fernseher immer zu laut stellt. Oder er oder sie hat nur so ein Gefühl, dass mit seinem oder ihrem Hören etwas nicht stimmen könnte, unterdrückt es aber und verdrängt den Gedanken an eine mögliche Schwerhörigkeit. Oder er oder sie muss sich nur gelegentlich anstrengen, um jemanden verstehen zu können und hat jetzt im Moment, hier im Anpassraum kein spürbares Problem, das er oder sie beschreiben kann. Sie wissen es noch nicht.

Durch zielführende Fragen zur persönlichen Motivation und Hörzielen

Der Beweggrund Ihres Kunden oder Ihrer Kundin ist für das weitere Vorgehen und eine ganzheitliche Beratung unerlässlich. An diesen gelangen Sie, indem Sie Ihrem Kunden oder Ihrer Kundin offene Fragen, also Fragen, die nicht mit „ja“, „nein“ oder „vielleicht“ beantwortet werden können, stellen. Machen Sie daraus kein Verhör, sondern zeigen Sie echtes Interesse an Ihrem Kunden oder Ihrer Kundin und seiner oder ihrer Lebenssituation und führen Sie ein ehrliches Gespräch mit ihm oder ihr.

Eine offene Frage zu Beginn, die Kund*innen ausreichend Spielraum lässt, könnte lauten: „Was führt Sie zu uns?“ – In den meisten Fällen werden Sie als Antwort so etwas ähnliches hören wie: „Also, Sie verstehe ich gut, aber wenn es ringsherum laut zugeht, dann fällt es mir schwer, alles richtig mitzubekommen.“ Es wäre ungünstig, jetzt schon nach der Motivation, also nach dem empfundenen Gefühl in solchen Situationen zu fragen. Nur wenige Menschen sind aufgrund eigener Erfahrungen bereit oder in der Lage, Fremden ihre Gefühlswelt zu offenbaren.

Führen Sie daher das Gespräch zu Beginn besser rein sachlich über „ZDF“: Zahlen, Daten Fakten. „Was genau erleben Sie (regelmäßig)? Wann, also zu welcher Zeit erleben Sie das? An welchem Ort erleben Sie diese Situation?“ Erst, wenn Sie durch gezieltes Nachfragen eine genaue Vorstellung der beschriebenen Hörsituationen gewonnen haben, sollten Sie sich die Erwartungen, also die Ziele des Kunden beschreiben lassen.

Je genauer ein Kunde oder eine Kundin seine oder ihre Ziele definiert, umso besser. Zum einen können Sie beurteilen, ob die Ziele realistisch erreicht werden können. Zum anderen gilt: Klare Ziele – klares Verhalten. Wischiwaschi Ziele – Wischiwaschi Verhalten. Ein Beispiel für letzteres wäre eine Aussage wie: “Ich möchte in lauter Umgebung besser verstehen.“ Keine Ahnung, was genau damit gemeint ist.

Definierte Ziele haben immer Ort, Zeit und Form. Sonst sind es keine Ziele, sondern fromme Wünsche. Fragen Sie daher nach und unterstützen Sie Ihren Kunden oder Ihre Kundin dabei, die Ziele klar zu definieren: „Was genau erwarten Sie für die Zukunft in den beschriebenen Situationen? Bis wann erwarten Sie diese Lösung? Wann wollen Sie damit beginnen?“.

Wer seine Kund*innen nicht fragt, bis wann sie ihr Ziel erreicht haben wollen, nimmt in Kauf, dass sich Versorgungen über Wochen und Monate hinziehen – oder gar nicht beginnen. Denn es wurde keine Vereinbarung darüber getroffen.

Die Ziele zu definieren hilft,

  • damit sich Kund*innen im Laufe der Anpassung zielklar verhalten,
  • dass sie die nötige Ziel-Verstärkung akzeptieren,
  • ihre Hörgeräte den ganzen Tag tragen und, wenn sie ihre Ziele erreicht haben,
  • möglichst schnell eine Entscheidung treffen und
  • den Versorgungsprozess zufrieden abschließen.

Doch klare Ziele allein reichen nicht aus.

Vertrauen aufbauen durch Verständnis und die Einsicht, aktiv etwas tun zu müssen

Wenn die Hörsituationen eindeutig beschrieben und die zugehörigen Ziele in Ort, Zeit und Form definiert wurden, brauchen Sie Anhaltspunkte für ausreichend Motivation beim Kunden oder bei der Kundin. Denn er oder sie wird den Berg der Anstrengung im Zuge der Umgewöhnung allein erklimmen. Sie können ihn oder sie begleiten, aber Sie können ihm oder ihr die Anstrengung auf dem Weg nicht abnehmen.

Ist Ihrem Kunden oder Ihrer Kundin bewusst, dass sich die anfänglichen Anstrengungen und Herausforderungen für ihn oder sie auszahlen werden? Welches Gefühl erlebt er oder sie in den beschriebenen Hörsituationen? Wie geht es ihm oder ihr dabei? Und was würde es für ihn oder sie bedeuten, wenn er oder sie seine oder ihre Ziele nicht erreicht?

Je unangenehmer die alltäglichen Hörsituationen wahrgenommen werden, desto höher wird die Bereitschaft sein, aktiv etwas dagegen zu unternehmen. Der Wille, die eigene Hörsituation zu verändern, steht und fällt mit der intrinsischen Motivation des Kunden oder der Kundin. Von seiner oder ihrer Motivation wird er oder sie Ihnen eher berichten, wenn er oder sie Ihnen vertraut. Und zwar nicht nur Ihrer fachlichen Kompetenz, sondern Ihren Führungsqualitäten. Er oder sie erkennt, ob Sie ihm oder ihr den nötigen Halt geben können, den er oder sie für die Veränderung benötigt.

Damit Vertrauen entstehen kann, sind drei Punkte entscheidend. Der Kunde kann schon im ersten Termin…

  1. VERSTEHEN, was passiert,
  2. den Prozess AKTIV MITGESTALTEN,
  3. den SINN ERKENNEN.

Sinn und Zweck einer Hörgeräteversorgung messen sich am eigentlichen Ziel des Kunden oder der Kundin. Für die bewusste Hörakustik gilt es, dieses in der Erstberatung herauszuarbeiten. Das gelingt Ihnen umso besser, je klarer Sie sich die Eingangsfrage selbst beantworten können: „Was führt Sie zu uns?“

Beantworten Sie sich folgende Fragen: Was führt mich eigentlich hier her? Was ist mein Ziel, worin besteht meine eigene Motivation und vielleicht sogar die des gesamten Unternehmens? Hier kommt die eigene Führungskompetenz ins Spiel. Nur wer sich selbst führen kann, kann andere führen.

Das gemeinsame Ziel schnell und nachhaltig erreichen

Damit Kunden motiviert mitarbeiten, Verantwortung für ihre Aufgaben während der Hörgeräteversorgung übernehmen und diese konsequent umsetzen, braucht es ein gemeinsames Ziel aller Beteiligten. D.h. Kunde oder Kundin, Hörakustiker*in und idealerweise das gesamte für die bewusste Hörakustik einstehende Hörakustik-Unternehmen im Hintergrund sollten sich auf ein gemeinsames Ziel verständigen.

Denn Teamgeist ist nichts anderes als ein gemeinsames, übergeordnetes Ziel, nach dem sich alle Zwischenziele ausrichten. Das übergeordnete Ziel besteht nicht darin, ein Hörgerät oder ein Hörtraining zu (ver-)kaufen. Das sind lediglich notwendige Mittel zum eigentlichen Zweck und maximal Zwischenziele, die zum eigentlichen Ergebnis führen sollen: Menschen ermöglichen, dauerhaft ein hörgesundes Leben führen zu können.

Abb. 2 zeigt, über welche emotionalen Verbindungen das gemeinsame Ziel erreicht und stabilisiert werden kann. Zunächst sollte „ICH“ als leidenschaftliche*r Hörakustiker*in emotional mit dem gesamten Fachbereich „HÖRGERÄTE“ verbunden sein. Denn Ihr „ZIEL“ als bewusste Hörakustiker*in ist, Menschen zu ihrer individuellen Hörlösung zu führen.

Das ist Ihnen ein Bedürfnis. Deshalb sind Sie motiviert, Ihre Fachkompetenz weiterzuentwickeln, sich fortlaufend über die effizientesten Tools in der Hörakustik (Hörgerätetechniken, Messtechniken, hörtherapeutische Maßnahmen etc.) zu informieren und diese je nach Kundenziel bewusst einzusetzen.

Eine vertrauensvolle Beziehung zum Kunden oder zur Kundin ist die Voraussetzung dafür, dass er oder sie Ihnen von seinen oder ihren Bedürfnissen erzählt und seine oder ihre Zielvorstellung eindeutig definiert. Damit Kund*innen innerhalb der Beratung bewusst wird, dass Hörgeräte und alle mit der Versorgung verbundenen Maßnahmen notwendig sind, um ihr emotionales Ziel dauerhaft zu erreichen, sollte der Fokus im Gespräch mehr auf die Motivation und die Ziele des Kunden oder der Kundin ausgerichtet sein und weniger auf die Hörgeräte als Mittel zum Zweck.

Vergleichen Sie die Situation einmal mit einer Beratung im Reisebüro. „Wo soll die Reise hingehen?“ Bevor das Reiseziel nicht klar in Ort, Zeit und Form definiert ist, sprechen Sie nicht über die unterschiedlichen Transportmittel oder Maßnahmen, die Sie ans Ziel bringen.

Was wollen Kunden wirklich? Hörgeräte oder die Vermeidung von unangenehmen Gefühlen?

Warum sich manche Betroffene schnell an ihre neuen Hörgeräte gewöhnen und manche nicht, kann an der Art der Beziehung Kunde – Hörgerät liegen, die sich während der Anpassung entwickelt hat. Die dauerhafte Verbindung eines Menschen zu einem Produkt erfolgt über Emotionen, die mit dem Produkt verknüpft sind. Je stärker und öfter ein gutes Gefühl erlebt wird, umso stärker ist die Bindung und das Bedürfnis, das Produkt zu besitzen oder zu benutzen. Damit steht und fällt auch die Motivation, in ein Produkt zu investieren, in Form von Zeit, Anstrengung und Geld.

Oft wird innerhalb der Erstberatung viel über das Produkt Hörgerät geredet. Der Kunde oder die Kundin wird über Ausstattungsunterschiede und die Möglichkeit, per Apps darauf zuzugreifen informiert. Die schönste Farbe wird ausgesucht. Es wird besprochen, wie klein es sein darf, ob mit oder ohne Akku, im oder hinter dem Ohr. Und es wird dafür gesorgt, dass das subjektive Preis- Leistungsverhältnis stimmt.

Dabei wollen doch die allermeisten Menschen emotional betrachtet überhaupt kein Hörgerät. Genauso wenig wollen die meisten Menschen stundenlang im Flugzeug sitzen. Dennoch akzeptieren es viele, wenn sie unbedingt am Reiseziel ihrer Träume ankommen möchten. Das motivierende Bedürfnis liegt also auf einer völlig anderen Ebene: Menschen wollen (bewusst oder unbewusst) in bestimmten Hör-Situationen ein unangenehmes Gefühl in ein angenehmes Gefühl transformiert haben.

Sie empfinden Anstrengung beim Zuhören, sind peinlich berührt, wenn sie nachfragen müssen, fühlen sich ausgeschlossen, wenn sie nicht mitreden können. Solche Situationen wollen mit weniger Anstrengung, mehr Freude und einem Gefühl der Zugehörigkeit erlebt werden. Je stärker und bewusster dieser erlebte Schmerz bislang wahrgenommen wurde, umso größer ist die Motivation, sich an den neuen Klang zu gewöhnen, notwendige Lautstärke zu akzeptieren, ggf. ein Hörtraining zu absolvieren oder seine gekauften Hörgeräte konsequent zu tragen.

Genau hier setzt die bewusste Hörakustik an. Es hilft, mit seinen Kund*innen weniger über Hörgeräte zu reden und dafür mehr über deren Wunschvorstellungen. Der vom Kunden oder von der Kundin erlebte Erfolg ist die entscheidende Motivationsgröße, damit Kund*innen eine dauerhafte, vom Akustiker oder von der Akustikerin gelöste emotionale Beziehung zu ihren Hörgeräten pflegen. Sie brauchen die Erfahrung, dass ihnen die Hörgeräte helfen, die Beziehung zu Menschen zu verbessern, die ihnen wichtig sind. Bleibt der Erfolg aus, kommen Kund*innen entweder immer wieder zur Nachanpassung ins Fachgeschäft oder die Geräte wandern in die Schublade.

Bewusste Hörakustik – Fazit

Kommunikationsfehler im ersten Termin lassen sich im Verlauf der Anpassung nur schwer korrigieren. Fehler passieren und zeigen, dass etwas fehlt, z.B. Motivation, Zielklarheit, Vertrauen, Fachwissen oder (Führungs-)Kompetenz. Die „Spielregeln“ sollten allen Beteiligten klar sein, bevor das Spiel beginnt. Teil dessen ist immer auch das gemeinsam in Ort, Zeit und Form vereinbarte Ziel, auf das Ihr eigenes Verhalten erkennbar ausgerichtet sein sollte. Das erzeugt Vertrauen als Basis guter Zusammenarbeit.

Doch letztlich geht Ihr Kunde oder Ihre Kundin den Weg zum Ziel, Sie begleiten ihn oder sie lediglich dabei. Daher ist es wichtig, schon vorher festzulegen, was Ihr Kunde oder Ihre Kundin bereit ist, dafür zu tun, um das Ziel zu erreichen. Holen Sie sich dafür ein klares Commitment ab, denn ohne Auftrag kein Coaching. Sie können Ihre Kund*innen nicht zum Ziel tragen. Aber Sie können sich damit auseinandersetzen, wie Ihr Verhalten auf andere wirkt. Ganz bewusst.

Zusammenfassung

Es ist eine Grundvoraussetzung für bewusste Hörakustik, die Motivation des Kunden oder der Kundin zu verstehen, bevor mit Tests und Beratung begonnen wird. Durch gezielte offene Fragen können die eigentlichen Bedürfnisse und Ziele des Kunden oder der Kundin ermittelt werden. Klar definierte Ziele sind entscheidend, um den Kunden oder die Kundin in der Anpassungsphase zielgerichtet begleiten und unterstützen zu können. Sie dienen zudem dazu sicherzustellen, dass er oder sie die nötige Motivation hat, den Prozess erfolgreich durchzuführen.

Das Vertrauen des Kunden oder der Kundin in den Hörakustiker oder die Hörakustikerin und das Verständnis für den Sinn und Zweck der Hörgeräteversorgung sind ebenfalls wichtig. Durch eine gemeinsame Zielsetzung und eine gute Führung können Kund*nnen motiviert werden, aktiv an der Versorgung mitzuwirken und die erforderlichen Schritte konsequent umzusetzen. Das letztendliche Ziel des bewussten Hörakustikers und der bewussten Hörakustikerin besteht darin, den Kund*innen ein hörgesundes Leben zu ermöglichen.

Dafür steht terzo. Wir unterstützen auch Sie auf dem Weg zur bewussten Hörakustik – ob in der Gründung, beim Wachstum oder der Übergabe oder Übernahme Ihres Geschäftes an einen oder eine Nachfolger*in.

Was ist Ihre Motivation?

Weshalb sind Sie Hörakustiker oder Hörakustikerin geworden? Was motiviert Sie täglich, zur Arbeit zu gehen? Welche Erfahrungen gerade in der Erstanpassung haben Sie bisher gemacht?

Schreiben Sie uns Ihre Geschichten, Ideen, Fragen oder auch Kritik in die Kommentare. Wir freuen uns auf den Austausch mit Ihnen.

Wir hören uns.

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